Schlechte Gewohnheiten im Schließen

Die gewöhnlichsten Irrschlüsse des Menschen sind diese: eine Sache existiert, also hat sie ein Recht. Hier wird von der Lebensfähigkeit auf die Zweckmäßigkeit, aus der Zweckmäßigkeit auf die Rechtmäßigkeit geschlossen.

Sodann: eine Meinung beglückt, also ist sie die wahre, ihre Wirkung ist gut, also ist sie selbst gut und wahr. Hier legt man der Wirkung das Prädikat beglückend, gut im Sinne des Nützlichen, bei und versieht nun die Ursache mit dem selben Prädikat gut, aber hier im Sinne des Logisch-Gültigen.

Die Umkehrung der Sätze lautet: eine Sache kann sich nicht durchsetzen, erhalten, also ist sie unrecht; eine Meinung quält, regt auf, also ist sie falsch.

Der Freigeist, der das Fehlerhafte dieser Art zu schließen nur allzu häufig kennenlernt und an ihren Folgen zu leiden hat, unterliegt oft der Verführung, die entgegengesetzten Schlüsse zu machen, welche im Allgmeinen natürlich ebenso sehr Irrschlüsse sind: eine Sache kann sich nicht durchsetzen, also ist sie gut; eine Meinung macht Not, beunruhigt, also ist sie wahr.

—Friedrich Nietzsche

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